Schweregrade von ME/CFS

ME/CFS ist eine schwere, oftmals langandauernde Erkrankung mit dominierenden Symptomen wie anhaltender, nicht‑erholsamer Fatigue, Zustandsverschlechterung nach Belastung (Post‑Exertional Malaise), Schlafstörungen, Schmerzen und kognitiven Beeinträchtigungen. Die Begriffe ME und CFS werden oft zusammen als ME/CFS verwendet.

Schweregrade:

Zur Einordnung von Schwere und Funktionsfähigkeit bei ME/CFS werden verschiedene Instrumente genutzt. Eine verbreitete Orientierung ist die von David S. Bell beschriebene Bell-Skala (Punkteskala bis 100), die auch in kategoriale Grade überführt wird. Typische Kategorien:

1. Leichter Schweregrad:

Im leichten Schweregrad können Betroffene weiterhin ihre täglichen Aktivitäten durchführen, aber sie erleben vermehrte Fatigue, die sich nach Anstrengung verschlimmern kann. Symptome können Muskelschmerzen, Schlafstörungen und mentale Trägheit umfassen.
Selbstversorgung möglich, Leistung eingeschränkt; Alltag meist weiterhin möglich.

2. Moderater Schweregrad:

Im moderaten Schweregrad sind die Symptome deutlicher ausgeprägt. Betroffene können weiterhin selbstständig agieren, aber die täglichen Aktivitäten sind stark eingeschränkt. Die Fatigue ist stärker spürbar, und Ruhephasen sind notwendig, um die Symptome zu bewältigen.
Deutliche Einschränkungen im Alltag, reduzierte Belastbarkeit, häufige Ruhephasen notwendig.

3. Schwerer Schweregrad:

Im schweren Schweregrad sind Betroffene stark beeinträchtigt und können nur begrenzte tägliche Aktivitäten durchführen. Selbst alltägliche Handlungen erfordern erhebliche Anstrengung, und Ruhe ist von entscheidender Bedeutung.
Massive Einschränkungen; viele Betroffene sind überwiegend bettlägerig, Alltagsaktivitäten kaum möglich.

4. Sehr schwerer Schweregrad:

Im sehr schweren Schweregrad ist die Funktionsfähigkeit ausgesprochen stark eingeschränkt, und Betroffene sind oft bettlägerig. Selbst minimale Anstrengungen können zu einer Verschlechterung der Symptome führen, und die Lebensqualität ist erheblich beeinträchtigt.
Durchgehende Bett- oder Hauslage, extreme Reizempfindlichkeit, schwerste funktionelle, kognitive und autonome Störungen.

Fatigue/Erschöpfung:
https://pixabay.com/de/photos/mann-alt-senior-leiden-513529/
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Der Bell-Grad:


Die Bell‑Skala existiert als Punkteskala (0–100); zur schnellen Orientierung werden häufig Grade I–IV verwendet. Die Skala schätzt Behinderungsgrad und Aktivitätsniveau; für klinische Entscheidungen sollte sie mit weiteren Messinstrumenten kombiniert werden.

  1. Bell-Grad I (Mild): Eingeschränkte Aktivität, aber keine Bettlägerigkeit.
  2. Bell-Grad II (Moderat): Eingeschränkte Aktivität mit Bettlägerigkeit in der Regel weniger als 50 % der Zeit.
  3. Bell-Grad III (Schwer): Bettlägerigkeit mehr als 50 % der Zeit, oft mit erheblichen kognitiven Beeinträchtigungen.
  4. Bell-Grad IV (Sehr schwer): Vollständige Bettlägerigkeit, schwerwiegende kognitive und autonome Dysfunktionen.

Krankheits-Prognosen und Verlauf:

Der Verlauf ist sehr variabel. Manche Patientinnen und Patienten verbessern sich über Monate bis Jahre; viele verbleiben mit chronischen Einschränkungen. Rückfälle nach Belastung und Schwankungen des Zustandes sind häufig.

Behandlungsansätze:

Es gibt keine spezifische Heilung für ME/CFS, aber verschiedene Ansätze können helfen, die Symptome zu lindern. Dazu gehören:

  • Es gibt derzeit keine kurative Therapie.
  • Symptomorientierte Maßnahmen: Aktivitätsanpassung/Pacing, Schmerz- und Schlafmanagement, Behandlung spezifischer Begleiterkrankungen.
  • Psychologische Unterstützung kann beim Umgang mit der Erkrankung helfen; sie ist kein Ersatz für somatische Diagnostik oder gezielte Symptombehandlung.
  • Alternative Therapien werden von einigen Betroffenen als hilfreich beschrieben; die Evidenzlage ist unterschiedlich und meist begrenzt.
  • Komorbiditäten (z. B. orthostatische Intoleranz, Schlafstörungen, MCAS, PoTS, Autoimmunerkrankungen) bewusst abklären und behandeln.

Es ist ganz klar, dass die Behandlung individuell angepasst werden muss, da ME/CFS bei jedem Betroffenen unterschiedlich verläuft. Eine ganzheitliche Herangehensweise unter Einbeziehung verschiedener Fachrichtungen ist oft am effektivsten. Bitte auf mögliche Komorbiditäten achten!

Fragebogen:

FUNCAP55 ist ein standardisierter Fragebogen zur Erfassung der funktionalen Kapazität bei ME/Long‑COVID. Es gibt eine Langversion (55 Items) und eine Kurzversion (27 Items). Die Langversion eignet sich zur Erstbeurteilung, die Kurzversion zur Verlaufskontrolle. Ein online‑Schweregrad‑Rechner und eine deutschsprachige Übersetzung sind verfügbar.

Hinweis zum Ausfüllen: Beziehen Sie sich auf einen durchschnittlichen Tag im letzten Monat. Falls eine Aktivität nicht durchgeführt wurde, schätzen Sie, wie sie vermutlich ausgefallen wäre. Es empfiehlt sich, den Fragebogen gemeinsam mit einer betreuenden Person oder einer Vertrauensperson auszufüllen.

Deutsche Übersetzung FUNCAP55

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